09.10.2020

Tierische Freunde helfen beim Lesen


Die Labradorhündinnen Luna und Antonia hören den Schülern gut zu Projekt an der Grundschule Zülichendorf wurde wegen Corona auf den Herbst geschoben.

Die achtjährige Mary liest Labradorhündin Luna eine Geschichte vor. Michael Schuchardt ist immer dicht dabei.Fotos(2): Margrit Hahn

Zülichendorf. Luna und Antonia haben am Dienstag in der Grundschule Zülichendorf jede Menge Streicheleinheiten bekommen. Doch zuvor saßen die beiden Labradordamen ganz still im Raum und hörten Amira und den anderen Schülern beim Lesen zu. Ehrenamtler Michael Schuchardtvon den Johannitern war mit den Lesehunden zum zweiten Mal an der Schule. „Die Hunde verbessern die Kinder nicht, lachen sie nicht aus und schimpfen auch nicht, wenn sie mal etwas falsch lesen", sagt Michael Schuchardt. Durch die Tiere springen Schüler, die sondt nicht gern laut vorlesen, über ihre Schatten. Somit sind Luna und Antonia eine tolle Unterstützung für Kinder mit Leseschwäche.

Obwohl Schuchardt kein Pädagoge ist, versteht er es, die Mädchen und Jungen zu motivieren. Als Amira eine Endung verschluckt, weist Schuchardt auf Luna und sagt „Schau mal, sie wackelt mit den Ohren, sie hat das wohl nicht verstanden." Und Amira hat kein Problem damit, den Satz noch einmal zu wiederholen. 

Während es sich Labradorhündin Antonia auf dem Teppich bequem macht, lauscht Luna auf der Couch, was Mary vorliest.

Quelle: Margrit Hahn

20 Minuten ist die „Lesestunde" für die Drittklässlerin vorbei und es bleibt noch etwas Zeit, um mit den Hunden zu kuscheln und sie zu streicheln. Am besten gefällt Amira, dass die Vierbeiner auf ihre Kommandos - wie „Sitz" und „Platz" - hören. Sie hat zu Hause keinen Hund, deshalb freut sie sich, dass Luna und Antonia in die Schule kommen. Zum Abschluss gibt es kein Leckerli, sondern in Scheiben geschnittene Mohrrüben, die Michael Schuchardt immer dabei hat. Amira kann die Mohrrüben gar nicht so schnell aus der Dose angeln, wie die Fellnasen danach verlangen. Nachdem Amira gelesen hatte, ging sie zurück n ihren Klassenraum und Mary durfte den Hunden vorlesen. Die Achtjährige hatte das Buch „Die Theateraufführung" ausgesucht.

Luna liegt ganz brav auf dem Sofa und hört zu. Quelle: Margrit Hahn

Eigentlich war der Start für dieses Projekt schon im Frühjahr für die zweiten Klassen geplant, doch durch die Corona-Krise musste es verschoben werden. Michael Schuchardt ist bei den Johannitern für Therapie-, Begleit- und Lesehunde verantwortlich. Der 58-Jährige besitzt zwei als Lesehunde geschulte Labradorhündinnen.

Eine davon ist die achtjährige Luna. Antonia (10) ist Lese- und Therapiehund und war bis vor kurzem auch als Rettungshund im Einsatz. Sie gehört einer Ärztin, die ebenfalls Mitglied bei den Johannitern ist. „Ich arbeite mit den beiden Hunden seit drei Jahren zusammen", so Schuchardt.

Amira kann die Möhren gar nicht so schnell rausrücken, wie die Hunde sie einfordern. Quelle: Margrit Hahn

Er war vor einiger Zeit schon einmal mit Luna an der Schule. Damals war es ein Ferienprojekt für Hortkinder.

„Das kam bei den Kindern und Erziehern gut an, deshalb haben wir uns auch für den Lesehund entschieden", sagt Schulleiterin Christina Schneider. Als Schuchardt das Vorhaben vorgestellt hatte, waren die Schüler in der zweiten Klasse. Durch die Corona-Verzögerung sind sie nun Drittklässler, von denen er sechs betreut.

Nach den Ferien bekommen auch Schüler der Stülper Grundschule tierische Unterstützung.

Nach jeder Leseeinheit dürfen sich die Kinder ein Pfötchen ins Heft einkleben. Quelle: Margrit Hahn

Jede Woche können sich die Schüler eine neue Lektüre mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad aussuchen. Dank einer Förderung durch die MBS und der ehrenamtlichen Tätigkeit ist das Angebot für Eltern und Schüler kostenlos. Für Schuchardt, der die Idee aus Mittelfranken nach Teltow-Fläming mitgebracht hat, sind die positiven Effekte eindeutig: Die Mädchen und Jungen lernen besser lesen, trauen sich, auch vor der Klasse vorzulesen, bauen Ängste und Hemmungen ab und erlernen den artgerechten und respektvollen Umgang mit Hunden. 

Dieses Mal warten die Fellnasen brav ab, bis ihnen Amira die Möhrenscheibchen gibt. Quelle: Margrit Hahn

Ein Wochenende dauert es, um aus einem normalen Hund einen Lesehund zu machen. Die Tiere und ihre Besitzer werden speziell geschult. Solange der Charakter stimmt, sei jede Hunderasse geeignet. Allerdings sollte der Hund ausgeglichen und kinderfreundlich sein und er muss still sitzen können.

Von Margrit Hahn