18.05.2019

insektizid-Einsatz: Bewohner sollen den Wald meiden


In der Gemeinde Nuthe-Urstromtal wird in diesen Tagen das Insektizid "Karate Forst flüssig" versprüht. Bis Freitag soll der Hubschraubereinsatz im Landkreis Teltow-Fläming abgeschlossen sein.

Bis zum Wochenende soll der Einsatz mit Karate Forst flüssig im Landkreis Teltow Fläming abgeschlossen sein. Quelle: Margrit Hahn

Zülichendorf. Nuthe-Urstromtals Bürgermeister Stefan Scheddin bittet die Bewohner, in den nächsten Tagen von Waldspaziergängen in der Gemeinde abzusehen.

Mädchen und Jungen der Zülichendorfer Kita waren am Mittwoch morgen unterwegs in Richtung Wald. Als sie das Schild sahen, dass Gift gegen Forstschädlinge gesprüht wird, änderten sie ihren Plan und gingen nicht in den Wald, sondern statteten Ortsvorsteher Waldemar Jendrusch einen Besuch ab. Sie wollten wissen, wo und wann gespritzt wird und warum Kindergärten und Schule vorab nicht informiert wurden. Allerdings konnte Jendrusch diese Fragen nicht beantworten, weil ihm darüber keine Informationen vorlagen.

Mehrere Bereiche betroffen

Die Oberförsterei Baruth nimmt derzeit die gezielte Bekämpfung von nadelfressenden Forstschädlingen, insbesondere der Nonne vor. Betroffen sind die Bereiche Kemnitz, Dobbrikow, Nettgendorf, Zülichendorf beziehungsweise eine Fläche in der Gemarkung Schöneweide, westlich der neuen B101. Begonnen wurde damit mittels Hubschrauber am 14. Mai. Der Leiter der Baruther Oberförsterei Heiko Fritsche verwies darauf, dass die betroffenen Flächen an den Zugangswegen mit dem Schild "Gesperrtes Waldgebiet" gekennzeichnet werden. 

Zwei Tage nach der Behandlung mit "Karate Forst flüssig" darf der Wald nicht betreten werden. Im Anschluss werden die Sperrschilder abgenommen. Sie werden unmittelbar durch Schilder ersetzt, die darauf verweisen, dass Waldpilze, wild wachsende Früchte und Wildkräuter erst drei Wochen nach der Anwendung wieder gesammelt werden dürfen. Die konkreten Zeiträume werden auf den Schildern vermerkt.

400 Hektar beflogen

Wie Michael Kopka, Einsatzleiter Pflanzenschutz mitteilte, wurden am Mittwoch im Bereich Zülichendorf 400 Hektar beflogen. Je nach Wetterlage soll der Hubschraubereinsatz im Landkreis Teltow-Fläming am Freitag abgeschlossen sein. „Es ist nicht nachzuvollziehen, warum versucht wird, eine Horrormeldung nach der anderen zu verbreiten.

Es werden sogar Schilder mit dem Giftnotruf im Wald angebracht. Dadurch wird die Bevölkerung erst recht verunsichert", so Kopka. Die Zettel mit den Telefonnummern würden sich in Plastikfolien befinden,

was nicht zum Umweltschutz beitrage. 

Zwei Tage Zutritt verboten

Kopka verweist darauf, dass driftmindere Düsen verwendet werden, so dass es nicht zu Verwehungen käme. „Wenn die Aufforderung befolgt wird, den Wald zwei Tage nach dem Einsatz nicht zu betreten, ist eine Gefahr für die Menschen ausgeschlossen", fügt er hinzu. Naturschützer hatten gehofft, dass der Insektizid-Einsatz verboten wird. "Brandenburg-auch hier geht der staatlich verordnete Giftwahnsinn weiter", schreibt ein User auf Facebook. Userin Karin Gerbrand fordert: „Stopp dem Wahnsinn! Karate Forst und Co. haben nichts in der Natur verloren."

Die Biologin Ricarda Voigtsetzt sich seit 2005 gegen die Pestizideinsätze über Brandenburgs Wälder ein. 

„Die Argumente der Forstverwaltung sind jedes Jahr die selben", meint sie. Mit einer schriftlichen Stellungnahme will sie zeigen, dass die Forstverwaltung aus wissenschaftlicher Sicht unrecht hat. Es werde behauptet, dass ohne Insektizideinsatz der Wald sterben und Brandenburg versteppen würde. Ihrer Ansicht nach soll den Waldeigentümern und den Bürgern so Angst gemacht werden. „Geht man durch die Waldbestände, so sieht man, dass einige Bestände tatsächlich start geschädigt sind, aber keineswegs alle Bäume. Gerade die älteren Bestände und die Neuanpflanzungen sind längst nicht so stark geschädigt", erklärt Voigt.

Biologin kritisiert Monokulturen

„Seit der Wende sind 30 Jahre vergangen, in denen vom Waldumbau gesprochen wurde, aber gleichzeitig wurden und werden immer neue Kiefernmonokulturen angelegt", kritisiert die Luckenwalderin.

Neuanpflanzungen mit 8000 Kiefern pro Hektar wie im Wald bei Nettgendorf seien keine Seltenheit.

„Es wird behauptet, dass das Gift nur in geringer Konzentration eingesetzt wird und in den Baumkronen verbleibt.

Die Konzentration ist nicht das Entscheidene, sondern die Toxizität", so Voigt.

Von Margrit Hahn