08.11.2023

Stangen und Kübel sollen Greifvögeln helfen und junge Bäume retten


Eine Sitzkrücke für Greifvögel an einer Straße bei Luckenwalde. Foto: Victoria Barnack

Zülichendorf. Sie stehen zuhauf an der Landesstraße 80 bei Zülichendorf und Kemnitz (Nuthe-Urstromtal), auch an der Landesstraße 715 bei Hohenahlsdorf (Niederer Fläming), und entlang der Bundesstraße 102 von Jüterbog

in Richtung Dahme sind sie zu finden: meterhohe Holzstangen und am Boden daneben ein großer Plastikkübel.

Was hat es damit auf sich? Das haben sich viele Einwohner, Pendler und MAZ-Leser in den vergangenen Wochen gefragt. Auf MAZ-Anfrage klärt der zuständige Landesbetrieb Straßenwesen nun auf.

Sitzkrücken für Greifvögel ist die offizielle Bezeichnung für die hohen Holzstangen, die direkt am Straßenrand oft zwischen zwei jungen Bäumen zu finden sind. Ein Mitarbeiter der Luckenwalder Straßenmeisterei, die fast für den gesamten Süden von Teltow  Fläming zuständig ist, erklärt, dass die Konstruktion dem Schutz der jungen Bäume dient und die natürliche Nahrungskette in der Natur unterstützt.

 

Einfach erklärt: Von den Stangen aus können große Greifvögel ihre Beute am Boden besser beobachten als fliegend aus der Luft. Würden sie sich direkt in die jungen Bäume setzen und von dort aus beobachten, bestünde die Gefahr, dass der sogenannte Terminaltrieb verbiegt oder womöglich sogar abbricht. Er ist als Haupttrieb besonders wichtig, weil er die Richtung des Wachstums des gesamten Baumes bestimmt.

Die gelandeten Vögel fressen dann Mausarten, die die Wurzeln der Jungbäume anknabbern und sie dadurch so stark beschädigen könnten, dass die gerade erst gepflanzten Bäume binnen kürzester Zeit sterben. Die Sitzkrücken tragen also zur biologischen Mäusebekämpfung bei – ganz ohne Gifteinsatz in Flora und Fauna.

 

Milde Winter und trockene Sommer haben die Mäusepopulation im Fläming vielerorts in den vergangenen Jahren stark ansteigen lassen. Das Problem zeigt sich inzwischen in abgestorbenen Jungbäumen, aber auch in unterhöhlten Banketten entlang der Straßen. Bis zum zehnten Lebensjahr werden Jungbäume vom Landesbetrieb Straßenwesen in Luckenwalde besonders gepflegt, damit sie sich gut entwickeln. Denn vielen Baumartenbieten Brandenburgs Straßenränder kaum gute Bedingungen zum Wachsen.

Zur Pflege gehört deshalb unter anderem auch die Bewässerung im Sommer. Außerdem gab es für zahlreiche Bäume, die an den Straßen oft in der prallen Sonne stehen, in diesem Jahr einen besonderen Anstrich der Rinde. Er soll vor Sonnenbrand schützen. Vor allem junge Linden, verschiedene Ahornarten und Ulmen werden im Süden von Teltow-Fläming entlang der Landes- und Bundesstraßen in letzter Zeit gepflanzt.

 

Die Plastikkübel zur Mäusebekämpfung heißen offiziell Göttinger Fangwannen Foto: Bärbel Kraemer

Doch warum stehen neben den Sitzkrücken große Plastikkübel? Auch darauf gibt es eine Antwort vom Landesbetrieb Straßenwesen. „Göttinger Fangwanne“ nennen die Experten die wissenschaftlich entwickelte Konstruktion:

Drei Revisionsklappen am Boden der großen Eimer ermöglichen Nagern den Einstieg in die Kübel. Wieder heraus gelangen nur bestimmte Mausarten, nämlich solche, die klettern können, beispielsweise die Spitzmaus.

Die parasitären Erd-, Feld- oder Rötelmäuse bleiben gefangen und sind leichte Beute für Greifvögel, aber auch Füchse. Die Sorge einiger Naturschützer, dass Mäuse bei großer Hitze im Sommer elendig in den Kübeln sterben, hat sich laut dem Landesbetrieb in Luckenwalde bisher nicht bestätigt. Im Gegenteil: Mitarbeiter der Straßenmeistereiverzeichnen mehr Füchse und Greifvögel in der Region, seitdem die Kübel aufgestellt wurden.