15.06.2021

Schweinemast in Kemnitz: Gemeinde stellt Forderungen ans Land


Die Vergrößerungspläne für die Kemnitzer Schweinemast sorgen weiter für Diskussionen. Eigentlich sollte ein B-Plan Abhilfe schaffen. Doch der birgt zu viele Risiken. Jetzt gibt es einen neuen.

Ein Teil der alten Schweineställe in Kemnitz soll abgerissen und durch neue ersetzt werden. Quelle: Frank Neßler

Kemnitz. Für die Schweinemastanlage in Kemnitz wird es vorerst keinen Bebauungsplan (B-Plan) geben. Das ist das Ergebnis der erneuten Diskussion um die Erweiterung der Ställe. Die Gemeinde Nuthe-Urstromtal will dem befürchteten zusätzlichen Lärm und Gestank jetzt auf andere Weise beikommen. „Wir haben nach der Diskussion im Bauausschuss Rat von einem Fachanwalt eingeholt“, berichtet Bürgermeister Stefan Scheddin (parteilos), „und sind zu dem Fazit gekommen, dass uns ein B-Plan nicht weiterbringt. So kriegen wir die Forderungen und Wünsche der Kemnitzer nicht umgesetzt.“

In den Ställen leben derzeit fast 9000 Schweine. Quelle: Frank Neßler

Der Betreiber will alte Ställe abreißen und dafür neue bauen, um damit Platz für 14.500 statt bisher 8900 Tiere zu schaffen.  Ein neuer B-Plan – so prognostiziert es zumindest der Fachanwalt Helmar Hentschke aus Potsdam – würde vor Gericht wohl kaum standhalten. „Mit einem B-Plan-Verfahren allein würden Sie erst einmal gar nichts bewirken“, erklärte er den Gemeindevertretern in ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause.

B-Plan laut Anwalt zu „risikobehaftet“

Für den gewünschten Effekt müsste der Plan eine temporäre Veränderungssperre für das Areal beinhalten.

Diese wiederum hält der Anwalt für zu „risikobehaftet“. Obendrein würde der B-Plan die Gemeinde wohl 100.000 Euro kosten. Damit müsste ein Nachtragshaushalt beschlossen und andere Projekte gestrichen werden.

Kurzum: Anwalt Hentschke riet den Lokalpolitikern vom B-Plan ab. Die wiederum folgten seinem Rat.

In den jüngsten Sitzungen protestieren die Kemnitzer immer wieder gegen die Erweiterung der Anlage. Quelle: Hartmut F. Reck

Doch wie weiter? „Die Kemnitzer hätten die Schweineanlage am liebsten komplett weg“, sagt Bürgermeister Scheddin. Im Dorf und in der Gemeindeverwaltung ist aber klar, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen wird.

Zu oft hatte die Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten selbst keine Einwände gegen die Aus- und Umbaupläne

des Betreibers gehabt – sie sprichwörtlich einfach durchgewunken.

Gemeinde nimmt seitenlang Stellung

„Dass unsere gemeindliche Stellungnahme zu dem neuen Vorhaben nun so lang geworden ist, zeigt dass wir uns jetzt ausführlicher mit dem Thema beschäftigt haben, als das in der Vergangenheit der Fall war“, sagt Scheddin. Denn diesmal versagt die Gemeinde den Bauplänen komplett ihr Einvernehmen. Die Gemeindevertreter wollen diese Stellungnahme nun sogar noch einmal ergänzen. Dazu hatte ihnen Anwalt Helmar Hentschke ebenfalls geraten.

Sein Tipp war es, das Schreiben um Nachforderungen zu erweitern. Das will die Gemeinde nun nach dem einstimmigen Beschluss der Politiker tun. „Wir wollen dem Landesamt für Umwelt damit deutlich signalisieren, dass unser Einvernehmen zu diesem Vorhaben unter Vorbehalt steht“, sagt Hendrik Bartl aus der Verwaltung.

Die Schweineställe (rechts) sind so nah am Dorf, dass sie heute nicht mehr genehmigt würden. Quelle: Screenshot/Google Maps

Die Gemeinde fordert beispielsweise schärfere Kontrollen, ob die Grenzwerte zu Lärm und Geruch tatsächlich eingehalten werden. Immerhin stehen die Ställe direkt am Ortseingang; die nächsten Häuser und Gärten sind nur wenige Meter entfernt. „Eine Genehmigung würde es dafür heutzutage nicht mehr geben“, kommentiert Scheddin.

Das Landesamt für Umwelt hatte in den vergangenen Jahren allerdings kaum noch Messungen vor Ort durchgeführt – mit der Begründung, dass die Ställe vorschriftsgemäß betrieben würden und deshalb keine Überschreitung der Grenzwerte zu erwarten sei.

Auflagen in vielen Formen möglich

Denkbare Auflagen sind aber auch Lärmschutzwände oder eine neue Zufahrt zu dem Gelände sowie bessere Ablufttechnik. Das Landesamt könnte das Einvernehmen der Gemeinde zwar über deren Bedenken hinweg ersetzen – müsste sich davor aber ausführlich mit den Argumenten aus Nuthe-Urstromtal befassen. „Unser Ziel ist es, mit dieser außergewöhnlich umfangreichen Stellungnahme eine Verbesserung für die Kemnitzer zu erreichen“, sagt Bürgermeister Scheddin. Ob die Gemeinde das schafft, bleibt abzuwarten. Nach der politischen Sommerpause will die Verwaltung darüber informieren, wie das zuständige Landesamt mit dem Schreiben aus Nuthe-Urstromtal umgegangen ist und was sich die Kemnitzer erhoffen können.

Von Victoria Barnack