16.04.2019

Haushaltssperre für die Gemeinde Nuthe-Urstromtal


Mit einem Eigenanteil von 119 000 Euro sollte die Altlastenbeseitigung der ehemaligen Woltersdorfer Teerpappenfabrik Daveda vom Tisch sein. Doch die Kosten steigen und steigen.

Tulpen auf dem ehemaligen Daveda-Gelände in Woltersdorf Quelle: Margrit Hahn

Ruhlsdorf. Die Entsorgung der ehemalige Teerpappenfabrik Daveda in der Anhaltstraße in Woltersdorf ist teurer, als gedacht. Für den Rückbau der Industriebrache hat die Gemeinde eine sechste Abschlagsrechnung erhalten.

Die endgültige Schlussrechnung steht noch aus. Nach ersten Schätzungen könnte noch eine Zahlung in Höhe von 500.000 Euro zu leisten sein. Im Haushalt 2019 wurden 300 000 Euro eingeplant. Doch diese Summe reicht nicht aus und mehr gibt das Haushaltssäckel der Gemeinde Nuthe-Urstromtal nicht her. Deshalb hat Bürgermeister Stefan Scheddin gemeinsam mit dem Kämmerer und den Fachbereichsleitern eine Haushaltssperre verhängt.

Noch vor wenigen Tagen klaffte dieses mit Teer gefüllte Loch auf dem Gelände in Woltersdorf Quelle: Margrit Hahn

„Die Kostenexplosion ist für unsere Gemeinde unkalkulierbar geworden, sodass ich vorsorglich die Notbremse ziehen musste“, so Scheddin. Darüber wurden die Gemeindevertreter bereits informiert. Die Haushaltssperre gilt für sämtliche Aufwendungen und Auszahlungen des Ergebnis- beziehungsweise Finanzplanes. Diese gilt vorerst bis zum Abschluss der sachlichen und rechnerischen Prüfung der bereits vorliegenden Abschlagsrechnung sowie der noch zu erwartenden Schlussrechnung. „Sobald wir alle Zahlen von den Entsorgungsfirmen auf dem Tisch haben, werden wir sehen, ob wir die Haushaltssperre lockern können“, fügt der Bürgermeister hinzu. Alle Maßnahmen im Haushaltsplan werden dann noch einmal unter die Lupe genommen. Von der Haushaltssperre ausgenommen sind alle Aufwendungen, zu denen die Gemeinde rechtlich verpflichtet ist sowie investive Auszahlungen, die durch die Erteilung eines Auftrags bereits begonnen wurden. Momentan werden keine neuen Projekte angeschoben.

Monatelang zog sich die Altlastenentsorgung hin. Quelle: Margrit Hahn

„Dies ist für die Gemeinde eine bittere Stunde. Jedoch wäre es fatal, den Dingen ihren Lauf zu lassen“, schätzt Scheddin ein. Er hofft, dass es der Gemeinde gelingt, an einen Fördertopf zu gelangen, um die geplanten Ziele für dieses Jahr doch noch zu erreichen. Dabei hatte alles so gut begonnen. Im Dezember 2017 erhielt die Gemeinde Nuthe-Urstromtal den lang ersehnten Zuwendungsbescheid. Das Projekt wurde vom Landesministerium für Infrastruktur mit EU-Mitteln unterstützt. Die Gesamtkosten wurden mit knapp 600.000 Euro beziffert.

Und der Eigenanteil der Gemeinde sollte 119.000 Euro betragen. Doch inzwischen sind die Kosten explodiert.

Zudem kam es zu Unterbrechungen, weil Deponien die Altlasten nicht annahmen. Es wusste auch vorher niemand mit Sicherheit, welche Mengen tatsächlich zu entsorgen waren.

So sah es vor dem Abriss aus. Quelle: Margrit Hahn

Denn das Areal in der Anhaltstraße in Woltersdorf hat eine über 100-jährige Geschichte. Vor 1919 wurden dort in den Kellerräumen Champignons gezüchtet. Später wurden die Gruben zur Lagerung von Teer genutzt. Bereits 1923 soll es zu einer Havarie gekommen sein, wobei Teer in den Untergrund gesickert war. Es folgten Auseinandersetzungen zwischen Eigentümern, Betreibern und Behörden. Daveda bot 1940 an, eine Ersatz-Wasserversorgung zu schaffen. Allerdings wurde die Vereinbarung, vermutlich wegen des Krieges, nicht eingehalten.

Produktion über Nacht eingestellt

Als 1972 die Produktion über Nacht eingestellt wurde, blieben ober-und unterirdisch halb volle Behälter zurück. Ein Teil wurde undicht und reichte so tief, dass der Inhalt ins Grundwasser sickerte. 2005 erhielt die Gemeinde einen Bescheid des Kreises über die erforderliche Entsorgung der Altlasten.

Im selben Jahr wurde über das Bundesforschungsprojekt Refina eine Arbeitsgruppe gebildet und ein erstes Gutachten erstellt. Seit 2007 wurde das Grundwasser kontrolliert. Im November 2009 wurde eine Anwohnerversammlung für alle betroffenen Straßen einberaumt und davor gewarnt, Wasser aus dem eigenen Brunnen zu nutzen. Die Gemeinde investierte über zehn Jahre jährlich 20.000 Euro. Unter anderem für Messstellen, um die Wasserqualität zu überprüfen.

Jahrelanger Teergeruch

Die Woltersdorfer sind zufrieden, dass der Schandfleck endlich beseitigt ist. Viele hatten den Teergeruch seit Jahren in der Nase. Je höher die Temperaturen kletterten, um so größer war der Gestank. Jetzt ist von der Industriebrache bis auf einen Sandhügel nichts mehr zusehen. Dafür wurden auf dem Gelände drei Tulpen gepflanzt. Vielleicht als Zeichen, dass es dort endlich bergauf geht. Der Zülichendorfer Ortsvorsteher Waldemar Jendrusch fordert auf Facebook finanzielle Unterstützung seitens des Kreises oder des Landes. Schließlich sei es eine Altlast, die aus Umweltgründen beseitigt werden musste und bereits vor 1990 verursacht wurde.

Von Margrit Hahn